I. Roemercohorte Opladen e.V.

Bau eines Schuppenpanzers

Im Frühjahr 2017 führten meine Beförderung zum Signifer sowie zwei Beobachtungen dazu, die Idee für ein neues Bauprojekt zu entwickeln: Erstens gibt es keine bekannten Abbildungen von Signifern mit Lorica Segmentata (meiner zu diesem Zeitpunkt getragene Panzerung). Zweitens hatten wir in dieser Zeit niemanden mit einem Schuppenpanzer im Verein. Die Konsequenz dieser beiden Faktoren ist recht logisch – wenn schon ein neuer Panzer für die Signifer-Darstellung, dann ein Schuppenpanzer.

Recherche

Es gibt erfreulicherweise sowohl diverse bildliche Darstellungen von Schuppenpanzern als auch archäologische Funde von erhaltenen Schuppen. Nach ein wenig Recherche zu ersterem habe ich mir diese beiden ausgeguckt: das Grabmal des Aquilifers Lucius Sertorius Firmus und das Grabmal des Centurio Quintus Sertorius Festus (Abb. 1 + 2). Beide wurden in der Nähe von Verona (Italien) gefunden und werden auf 50 n. Chr. - 75 n. Chr. datiert, also perfekt für die von uns dargestellte Zeit. Beide tragen einen Schuppenpanzer, aber die Details sind nicht identisch. Interessant bei beiden ist, wie eng der Panzer an der Schulter der Kontur folgt und bis fast auf die Hälfte des Oberarms herabreicht. Bei Nachbauten sieht man das normalerweise nicht – ein interessanter Aspekt, den ich umsetzen wollte.

Es gibt auch andere Stile die häufiger nachgebaut werden, z.B. wie auf der Grabstele des Titus Calidius Severus zu sehen. Dieser Schuppenpanzer erinnert von der Form her eher an ein ärmelloses Hemd. Der Blick auf erhaltene Metallschuppen von denen tatsächlich so einige gefunden wurden, zeigt, dass es eine große Vielfalt an Größen und Lochmustern gab. Bei den meisten hat sich das Trägermaterial auf das die Schuppen aufgebracht waren nicht erhalten, was für ein organisches Material spricht (also z.B. Stoff oder Leder).

Grabmal des Quintus Sertorius Festus | © Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby (EDCS-04202420)

Abbildung 1: Grabmal des Quintus Sertorius Festus. © Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby (EDCS-04202420)

Grabmal des Lucius Sertorius Firmus | © Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby  (EDCS-04202421)

Abbildung 2: Grabmal des Lucius Sertorius Firmus. © Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby  (EDCS-04202421)

Tests

Bei einem größeren Projekt empfiehlt es sich vorher ein paar Tests durchzuführen um gewisse Aspekte zu prüfen und Erkenntnisse zu erlangen, auf deren Basis dann vor dem eigentlichen Projektstart Entscheidungen getroffen werden können. Ich habe zuerst ein Mock-up mit Pappschuppen durchgeführt, um abschätzen zu können wie viele Schuppen überhaupt benötigt werden und um einen optischen Eindruck unterschiedlicher Schuppengrößen zu erhalten (Abb. 3). Zweitens habe ich einen Test mit Metallschuppen in verschiedenen Stärken und unterschiedlichen Befestigungsmethoden durchgeführt um Erfahrung mit diesem Aspekt zu gewinnen. Außerdem habe ich dafür Schuppen aus Blech selbst hergestellt (Markieren, Schneiden, Feilen, Bohren) um den Zeitaufwand abzuschätzen (Abb. 4).

Als Resultat der beiden Tests habe ich die Größe, Lochposition, Materialstärke und Befestigungsmethode der Schuppen entschieden sowie dass ich die Schuppen nicht selbst herstellen würde. Der Test hatte ergeben, dass ich mindestens 40h alleine für das Herstellen der Schuppen aufgewendet hätte. Das war mir zu langweilig und repetitiv. Stattdessen habe ich einen Kontakt in Indien damit beauftragt mir die Schuppen „nach Maß“ herzustellen.

Teststücke aus Pappe um ein Gefühl für Größen und Überlappung zu erhalten | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 3: Teststücke aus Pappe, um ein Gefühl für Größen und Überlappung zu erhalten.

Aufbringungstest mit verschiedenen Metallschuppen auf gestepptem Leinen | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 4: Aufbringungstest mit verschiedenen Metallschuppen auf gestepptem Leinen.

Bau

Mit dem Klären des „Wie“ und dem Beschaffen des Materials (neben den Schuppen hauptsächlich Leinen und Garn; plus das dicke Leder für die Pteryges; dünnes war noch in ausreichender Menge vorhanden) ging es an den eigentlichen Bau. Der beginnt ganz ohne Schuppen mit der Trägerkonstruktion in zwei Teilen. Der unter Teil der sich um den Rumpf wickelt ist dabei relativ einfach – ein längs aufgeschlitzter Zylinder mit Ausschnitten an der oberen Kante für die Arme, und den 8 großen „Lappen“ an der unteren Kante. Dafür habe ich drei Schichten Leinen miteinander versteppt. Da diese Nähte später (zumindest von außen) nicht mehr sichtbar sind, habe ich um etwas Zeit zu sparen die Nähmaschine verwendet (Abb. 5).

Die Schultersektion ist aufgrund der Form etwas aufwändiger. Pro Lage besteht sie aus mindestens zwei Teilen und wurde auf einer Büste meiner Schultern angepasst. Insgesamt gibt es zwei Lagen Wolle zwischen drei Lagen Leinen. Die Büste hatte ich ursprünglich hergestellt als ich eine Lorica Segmentata gebaut habe und hat mir bei inzwischen drei gebauten Rüstungen immer wieder gute Dienste geleistet. Ansonsten dient sie mit Standfuß als dekorativer Aufsteller für die Aufrüstung. Die beiden Teile wurden dann nach Anprobe auf Brust und Rücken miteinander vernäht.

Trägerkonstruktion aus gestepptem Leinen und Wolle vor dem Beschuppen | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 5: Trägerkonstruktion aus gestepptem Leinen und Wolle vor dem Beschuppen.

Parallel zum Bau der Trägerkonstruktion habe ich bereits mit der Vorbereitung der Schuppen begonnen. Als erstes mussten die gelieferten Schuppen entölt werden. Dann habe ich mit Draht Gruppen von je 5-10 Stück als Halbzeug verkettet (Abb. 6). Später habe ich diese kurzen Ketten zu längeren zusammengesetzt. Die längeren Ketten habe ich mit Pechdraht auf dreifach gelegte Leinenstreifen genäht (Abb. 7). Der Pechdraht (ein gepichtes oder gewachstes Garn) hat die undankbare Aufgabe die Metallschuppen auf dem textilen Untergrund zu befestigen und muss deshalb relativ viel aushalten. Nach ca. je 10 Schuppen wurde der Pechdraht zusätzlich verknotet um im Fall eines Durchwetzens nur eine beschränkte Menge von Schuppen aus der Reihe fallen zu lassen. Die Schuppen selbst würden dank der Verkettung mit Draht nicht ganz verlorengehen sondern nur etwas durchhängen und damit immer noch Schutz bieten.

Vorgekettete Schuppen | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 6: Vorgekettete Schuppen.

Schuppenkette, mit Pechdraht auf Leinenstreifen aufgebracht | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 7: Schuppenkette, mit Pechdraht auf Leinenstreifen aufgebracht.

Dann beginnt die Beschuppung. Ich habe zuerst die unterste vollständige Reihe zur Orientierung aufgebracht; da es aufgrund der Überlappung (nächstobere Schuppenreihe überlappt die darunter) sinnvoll ist, den Panzer von unten nach oben zu beschuppen.

Als nächstes wurden die 8 Anhängsel oder Schuppen-Pteryges am unteren Rand nach unten hin beschuppt. Das ist zwar etwas mühseliger aber aufgrund der überschaubaren Größe gut machbar und wegen der herausfordernden Form auch sinnvoll. Dabei müssen viele Schuppen in Form geschnitten und gelocht werden (Abb. 8). Diese Schuppen-Pteryges werden dann mit einem Lederstreifen eingefasst. Dafür habe ich eine einfache Holzform gebaut, um den Streifen vorher nass in Form zu bringen und dann wieder getrocknet mit einem sehr dicken gewachsten Garn anzunähen. Das Garn geht dabei (von vorne nach hinten) durch Leder, Schuppe (vorher gelocht), Trägermaterial (3 Schichten Leinen) und wieder Leder. Dieser Teil erfordert aufgrund seiner Kleinteiligkeit relativ viel Zeit (Abb. 9).

Einzelner Schuppen-Pteryges vor Ledereinfassung | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 8: Einzelner Schuppen-Pteryges vor Ledereinfassung.

Abgeschlossene Arbeit an den Schuppen-Pteryges; Anpassung des Lederstücks für untere Pteryges | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 9: Abgeschlossene Arbeit an den Schuppen-Pteryges; Anpassung des Lederstücks für untere Pteryges.

Danach wurden oberhalb der untersten Schuppenreihe die Pteryges aus Leder eingenäht. Dabei handelt es sich um ein einzelnes Stück, das mit Ausnahme des oberen Randes vertikal in Streifen geschnitten wurde (Abb. 10). Ich hatte mich hier dazu entschieden die Pteryges fest in den Panzer zu verbauen, da es keine separate Subarmalis gibt an der diese sonst befestigt werden könnten. Der eingangs erwähnte Grabstein des Titus Calidius Severus zeigt Pteryges am separat dargestellten Schuppenpanzer, was man als feste Integration der Pteryges in den Panzer interpretieren kann.

Nun wird endlich reihenweise und großflächig nach oben hin beschuppt. Dabei alternieren Reihen mit vollständigen Schuppen und solche mit je einer halbierten an jedem Ende, damit vertikal benachbarte Schuppen einen Versatz aufweisen. Konkret werden hierbei die Leinenstreifen auf welche die Schuppenketten aufgebracht sind mit Sicherheitsnadeln festgesteckt und dann auf die Trägerkonstruktion genäht. Das ganze wächst immer weiter nach oben bis die Armausschnitte erreicht werden. Ab dieser Höhe muss man wieder stückeln und separate Reihen vorne und hinten mit zugeschnittenen Schuppen verbauen. Der Armausschnitt selbst wird ebenfalls wieder mit Leder eingefasst.

Davor stieß ich allerdings noch auf ein Hindernis, das eine Korrektur nötig machte. Entweder hatte ich mich im Vorfeld verkalkuliert oder durch das Gewicht der Schuppen wurde der Stoff stärker als erwartet gedehnt – auf alle Fälle fiel mir auf halber Strecke durch den Torso auf, dass dieser ein gutes Stück zu lang war, sprich die Unterkante war zu tief und hätte die Bewegung der Beine behindert. Um das zu korrigieren musste ich die Vernähung zwischen Torso und Schultersektion wieder lösen, den Torso oben kürzen und alles wieder zusammennähen. Ein schönes Beispiel dafür, dass in einem Projekt nicht immer alles wie geplant läuft und man sich dann eine Lösung ausdenken muss, die ggf. auch Mehrarbeit inkludiert. Von solchen Rückschlägen sollte man sich allerdings nicht aufhalten lassen – es liegt in der Natur von Experimenten, dass diese auch schief gehen können.

Eine Lösung wurde auch für die Befestigung der Ösen zum Schließen des seitlichen Schlitzes benötigt. Auf einer Schuppe lässt sich wenig befestigen und die Ösen müssen auch einiges an Zug verkraften, darum können sie nicht nur punktuell angenäht werden. Auch die Lederriemen der Gegenseite müssen austauschbar sein. Letztendlich habe ich die Ösen mit einer Klammer befestigt, die durch eine gelochte Schuppe und zwei dicke, mit der Trägerkonstruktion vernähte, Lederplättchen die Zugbelastung flächig auf die Trägerkonstruktion überträgt (Abb. 11).

Leder-Pteryges vor Einbau | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 10: Leder-Pteryges vor dem Einbau.

Details des Einbaus der seitlichen Ösen und Bänder | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 11: Details des Einbaus der seitlichen Ösen und Bänder.

Zum Einstieg besitzt der Schuppenpanzer auf der rechten (also dem Feind abgewandten) Seite einen vertikalen Schlitz. Damit der Panzer auch dort Schutz bietet, ist das gesteppte Trägermaterial ca. 20 cm breiter als die Beschuppung. Diese Überlappung wurde mit Leder besetzt um den Schlitz bestmöglich zu schützen (Abb. 12).

Nachdem die Arbeit am Torso mit Einfassung der Armausschnitte, Abdeckung der Überlappung und Ösen vollständig abgeschlossen war ging es an den Endspurt: die Schultersektion. Bevor diese aber beschuppt wurde gab es zwei weitere Anpassungen. Erstens war mir vorne der Halsausschnitt zu groß bzw. zu tief. Hier habe ich ein passendes Stück aus Leinen und Wolle hergestellt und eingesetzt um den Ausschnitt auf ein Minimum zu reduzieren und dieses dann kaschiert (Abb. 13). Zweitens hatten wir kurz vorher einen Übungsmarsch mit dem Verein durchgeführt, der aufzeigte wie wichtig eine gute Polsterung der Schultern unter solchen Umständen ist. Aus diesem Grund habe ich zusätzliche Polsterungen in Form von zwei weiteren Lagen Wolle und einer Schicht Leinen auf der Oberseite der Schulter in die Schultersektion eingenäht (Abb. 14).

Überlappung Seitenschlitz, vor und nach Einbau der Lederschicht | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 12: Überlappung Seitenschlitz, vor und nach Einbau der Lederschicht.

Verkleinerung des Halsausschnitts | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 13: Verkleinerung des Halsausschnitts.

Nun aber endlich die Beschuppung der Schultersektion. Die Herausforderung hier besteht darin, dass die Schuppenreihen nicht gerade verlaufen, einen geschlossenen Kreis bilden und die Abstände vom Halsausschnitt zum unteren Rand in unterschiedlichen Richtungen auch unterschiedlich groß waren. Das wiederum bedingt entweder eine unterschiedliche Anzahl von Reihen vorne und hinten, oder unterschiedlich große Schuppen oder eine variierende Überlappung. Ich wollte es durch letzteres lösen, was sich allerdings in der Praxis als schwierig darstellte – es wurde dann letztendlich ein Mix aus variierender Überlappung und einer zusätzlichen Reihe im Nacken.

Nach der ersten Reihe wurden aber auch hier wieder die Pteryges eingenäht. Aufgrund der starken Wölbung wurden die Streifen aber einzeln geschnitten und separat eingenäht.

Die ungefähr benötigte Länge der Schuppenreihen habe ich letztendlich durch Anlegen und Anprobieren der Reihe festgestellt, diese zusammengebaut aber nicht zu einem Kreis geschlossen, die Reihe dann aufgenäht und erst zum Ende hin noch benötigte einzelne zusätzliche Schuppen eingebaut und die letzte dann mit der ersten verkettet (Abb. 15). Dabei sind die untersten zwei Reihen nur auf der Schultersektion vernäht, die darüber mit Schultersektion und ggf. auch Torso wo beide überlappen. Dadurch ergibt sich der abgestufte Schulterkranz der anatomisch bedingt schlichtweg notwendig ist um die Oberarme bewegen zu können.

Torsosektion fertig beschuppt | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 14: Torsosektion fertig beschuppt.

Aufbringung der erste Schuppenreihe auf der Schultersektion; noch muss hinten ein Lücke geschlossen werden | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 15: Aufbringung der erste Schuppenreihe auf der Schultersektion; noch muss hinten ein Lücke geschlossen werden.

Die kreisförmige Beschuppung setzt sich bis zum Erreichen des Schlitzes auf der Rückseite fort, mit dem der Halsausschnitt zum Einstieg erweitert werden kann. Ab dort haben die Reihen wieder einen Anfang und ein Ende. Vor dem Aufsetzen der letzten Reihe wird auch hier noch ein Paar Ösen eingenäht um den Schlitz zubinden zu können (wobei die Schuppen zumindest bis jetzt noch so steif sind, dass dies eigentlich gar nicht nötig wäre) (Abb. 16). Zuletzt werden noch der Halsausschnitt und der Schlitz mit Leder eingefasst und der Panzer ist bereit um getragen zu werden! Fertig ist er allerdings noch nicht: an den Pteryges fehlen noch die Fransen. Zu dem Zeitpunkt brauchte ich allerdings eine Pause von Nadel und Faden und habe diesen letzten Schritt auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Aus praktischen Gründen habe ich außerdem noch als Zubehör einen massiven Kleiderbügel gebaut, um auch im Lager den Panzer vernünftig aufbewahren zu können. Liegen kann er zwar, aber aufgrund der Steifigkeit der Schuppen würde er niemals flach liegen und ich will vermeiden, dass jemand mal aus Versehen darauf tritt und dadurch Verkettungen sprengt oder Schuppen knickt. Mit dem Kleiderbügel kann der Panzer auch im Zelt aufgehängt werden und ist damit vor Feuchtigkeit geschützt. Der Bügel selbst ist aus einem massiven Balken Fichtenholz geschnitzt und hat einen geschmiedeten Haken aus Eisen, der unterhalb des Bügels vernietet ist. Der Bügel alleine wiegt ca. 1,8 kg (Abb. 17).

Befestigung der Ösen im Nacken; links fehlen noch Schuppen | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 16: Befestigung der Ösen im Nacken; links fehlen noch Schuppen.

Der speziell für den Panzer angefertigte Kleiderbügel | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Abbildung 17: Der speziell für den Panzer angefertigte Kleiderbügel.

Daten

Insgesamt hat das Projekt bis Ende 2020 um die 300 Stunden verschlungen, die meisten davon fürs Nähen. Verarbeitet wurden ca. 4 Meter Leinen, über dreihundert Meter Faden und knapp 80 m gewachstes bzw. gepichtes Garn sowie mehr als 30 m Draht und fast 1900 Schuppen. Dazu kommt noch Leder in zwei Stärken für Randeinfassungen und Pteryges. Das Gewicht des Panzers beläuft sich auf ca. 9 kg. Damit ist er ungefähr vergleichbar mit meiner Lorica Segmentata (8 kg).

Erfahrung

Während der fast vollständig ausgefallenen Saison 2020 hatte ich dreimal Gelegenheit den Panzer zu tragen: ein Halbtagesevent, ein Wochenendlager und ein Photoshoot.

Insgesamt trägt er sich recht bequem, ich muss das Cingulum aber sehr eng schnallen, damit der Panzer ausreichend auf den Hüften aufsitzt, damit dort ein Teil des Gewichts abgefangen wird. Auch hat das Innenleben bei zu weitem Gürtel die Tendenz die Unterhose nach unten zu schieben – das kann im Feld fatale Folgen haben… Druckstellen verursacht er aufgrund der flexiblen Struktur und der individuellen Anpassung keine. Die Beweglichkeit im Rumpf ist durchaus gut, die Arme allerdings haben (speziell nach oben) weniger Bewegungsfreiheit als in der Segmentata. Würde ich einen zweiten bauen (was ich definitiv nicht vorhabe), würde ich womöglich Rumpf und Schulter nicht miteinander verbinden. Die Schultersektion würde aufgrund ihres Eigengewichtes vermutlich gut sitzen und würde doch mehr Freiheit für die Arme bieten wenn sie nicht am Rumpf befestigt ist. Das wird aber wohl eine hypothetische Frage bleiben.

Die Schutzwirkung wurde bis jetzt nicht getestet. Einerseits will ich ein Ausrüstungsstück, das so viel Zeit verschlungen hat nicht misshandeln, auf der anderen Seite habe ich noch kein separates Teststück gebaut, das man entsprechend prüfen könnte. Vielleicht kommt das noch. Aufgrund der Wölbung der Schuppen und der Steifigkeit kann ich mir aber schon vorstellen, dass Schnitte und kinetische Energie allgemein gut abgewehrt bzw. verteilt werden.

Ein paar der steifen Drahtklammern zwischen den Schuppen sind bis dato gebrochen (insgesamt habe ich bis jetzt 3 gezählt), primär im Gürtelbereich wo der Stress am größten ist. Diese sind aber leicht zu ersetzen – eine einfache Reparatur die auch im Feld und mit wenig Werkzeug möglich ist.

Fazit

Der Bau des Schuppenpanzers war ein spannendes Projekt mit einem tollen Endergebnis, das mir viel Freude bereitet und eine Bereicherung für die Darstellung des Signifers im Verein darstellt. Es war aber auch bis dato mein (zeitlich) größtes Projekt und hat viel Durchhaltekraft und Motivation benötigt. Und es ist noch nicht einmal wirklich fertig! Die Fransen für die Pteryges fehlen immer noch und werden sich noch gedulden müssen, mindestens bis ich entweder das Nachfolgeprojekt fertiggestellt habe oder wiederum davon eine Pause brauche.

Finanziell betrachtet ist dieser Eigenbau rein vom Material her wohl etwas günstiger als ein Kauf von der Stange. Falls man eine bereits verfügbare Schuppengröße verwenden würde, wäre es signifikant günstiger. Natürlich jeweils ohne jegliche Berücksichtigung der Arbeitszeit. Da aber das handwerkliche Ausprobieren und „Selbermachen“ für mich einen der interessantesten Aspekte dieses Hobbys darstellt, war ein Kauf von der Stange für mich sowieso nie eine Option.

Titus Nodarius Helvetics

Der (fast) fertige Schuppenpanzer (es fehlen noch die Fransen an den Pteryges) | © Heiko Krumminga

Abbildung 18: Der (fast) fertige Schuppenpanzer (es fehlen noch die Fransen an den Pteryges). © Heiko Krumminga

Zeichnung eines römischen Legionärs aus dem Logo der I. Roemercohorte Opladen e.V.
LEG VI VIC
Lorbeerkranz
COH VI ASTVR