Römisches Reich
In den ersten einigen hundert Jahren seiner Geschichte war Rom nicht viel mehr als einer von vielen Stadtstaaten der antiken Welt. Durch geschickte Politik und militärische Stärke gelang es ihm, zu einer bestimmenden Macht auf der italienischen Halbinsel zu werden. Nach dem zwischenzeitlichen Tiefpunkt des Kelteneinfalls in Rom 387 v. Chr. und den späteren Erfolgen gegen die Latiner und Samniten kommt es im 3. Jh. v. Chr. mit dem Tarentinischen Krieg und den ersten beiden Punischen Kriegen zu den ersten großen militärischen Auseinandersetzungen mit Nachbarvölkern, aus denen die Römer trotz zwischenzeitlicher Misserfolge siegreich hervorgehen und die eroberte Gebiete als Provinzen an ihr Hohheitsgebiet angeliedern. Auch danach geht Rom sehr aggressiv vor und erweitert sein Reichgebiet nach Norden, Osten und Süden. Von besonderer Bedeutung sind hier der Erfolg im Makedonischen Krieg (168 v. Chr.), die Vernichtung der Kimbern und Teutonen (Ende des 2. Jh. v. Chr.) und der Sieg über Mithridates VI. (64 v. Chr.), der den Römern die Kontrolle über Kleinasien sicherte. Nach Caesars Erfolgen in Gallien und der endgültigen Eroberung der Gebiete südlich der Donau und im Nahen Osten erhielten die römischen Eroberungspläne mit den Niederlagen in Germanien und der nur mäßig erfolgreichen Invasion Britanniens in der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. etwa Abkühlung. Fortan bestand das Hauptziel in der Sicherung der Grenzen und der Niederschlagung von Aufständen.
Erst Kaiser Traian nahm wieder größere Feldzüge nördlich der Donau sowie an der östlichen Reichgrenze auf und erreichte somit im Jahre 117 n. Chr. die größte Ausdehung des römischen Imperiums, die es allerdings nur wenige Jahre hielt. Es reichte damals von der Atlantikküste Spaniens bis zum Persischen Golf und von Mittelengland bis nach Südägypten.
Verwaltung der Provinzen
Das Reich war in Provinzen aufgeteilt, die jeweils von einem Statthalter geführt wurden. Die ältesten Provinzen (provinciae populi Romani = "Provinzen des römischen Volkes") standen unter Verwaltung des Senats und ihr Statthalter führte den Titel "Prokonsul". Dies war unabhängig davon, ob es sich bei ihm tatsächlich um einen ehemaligen Konsul oder lediglich um einen ehemaligen Prätor (der zweithöchste Rang im römischen cursus honorum, der Beamtenlaufbahn) handelte. In jedem Fall war der Statthalter jedoch ein Mitglied des Senatorenstandes und wurde für ein Jahr ernannt. In den Provinzen, die seit Augustus erobert wurden, war der Kaiser formal der Prokonsul. Geführt wurden sie aber jeweils von einem Stellvertreter des Kaisers, einem legatus augusti pro praetore. Auch hier war der Titel unabhängig davon, ob es sich um einen ehemaligen Prätor oder einen ehemaligen Konsul handelte. Es stand dem Kaiser frei, welche Personen seines Vertrauens er für wie lange mit der Führung einer Provinz beauftragte.
Die Finanzen lagen in den Provinzen des römischen Volkes in der Hand eines Quästors; zusätzlich entsandte der Kaiser einen Procurator für die Verwaltung des kaiserlichen Vermögens. In den kaiserlichen Provinzen lag die gesamte Finanzverwaltung beim Procurator, der gegebenenfalls sogar für mehrere Provinzen zuständig sein konnte. In besonderen Fällen und sofern keine Legionstruppen in der Provinz stationiert waren konnte sogar ein Procurator eine Provinz führen, wie dies z. B. für Noricum belegt ist.
Nicht jedes eroberte Gebiet wurde notwendigerweise sofort zu einer römischen Provinz. So wurden Ober- und Niedergermanien erst im Jahr 85 n. Chr. unter Kaiser Domitian eigenständige Provinzen, während sie vorher als Militärbezirke zu den gallischen Provinzen gehört hatten. Auch Judaea wurde 64 v. Chr. erst als römisches Protektorat eingerichtet, in dem die Besatzungstruppen lediglich von einem ritterlichen Praefekten geführt wurden, der dem Legaten von Syrien unterstand. Erst 44 n. Chr. wurde es in eine eigenständige kaiserliche Provinz mit einem ritterlichen Procurator umgewandelt und erhielt erst 70 n. Chr. einen prätorischen Statthalter. Eine Sonderstellung unter den Provinzen nahm Aegypten ein, das aus politischen Gründen in der Kaiserzeit nicht von einem senatorischen Statthalter, sondern von einem ritterlichen Praefekten geführt wurde. Dieser hatte durch besondere Gesetze aber alle Befugnisse eines Prokonsuls.
Lokale Verwaltung
Während die Statthalter stets aus den hohen römischen Schichten stammten und ihr eigenes Verwaltungspersonal mitbrachten beziehungsweise aus den militärischen Einheiten vor Ort rekrutierten, war die lokale Verwaltung nur wenig römisch geprägt und regional unterschiedlich geregelt. Grundsätzlich wurden Provinzen in civitates mit je einem Hauptort eingeteilt, in denen die lokalen Beamten (magistrati) und Stadträte residierten. Diese Verwaltungsbezirke waren jeweils für ihre innere Verwaltung sowie die Steuereintreibung, Straßenbau, Rekrutenaushebung und die Durchführung der Reichspost in ihrem Gebiet zuständig. Innerhalb der Verwaltungsbezirke konnte es Dörfer (vici), geplante Koloniestädte (coloniae) und Gehöfte geben. Die Dörfer und Kolonieständte konnte wiederum eine gewisse Selbstverwaltung durch magistri besitzen. Provinzbewohner besaßen nicht allgemein das römische Bürgerrecht und unterlagen damit einer härteren Rechtssprechung, mussten mehr Steuern zahlen, durften nicht den Legionen beitreten, waren ohne aktives und passives Wahlrecht in Rom und konnten nicht in den Ritter- oder Senatorenstand aufsteigen. Wurde ihrer Heimatgemeinde jedoch das römische Bürgerrecht verliehen, so erhielten sie es auch perönlich. In den gallisch-germanischen Provinzen gabe es als Besonderheit das so gegnannte latinische Recht, eine abgeschwächte Form des römischen Bürgerrechts, die wenigstens den Dienst in der Legion ermöglichte. Häufig bekamen die lokalen Beamten von Städten latinischen Rechts mit ihrer Ernennung auch das volle römische Bürgerrecht zuerkannt. Für die Rechtssprechung in Kriminaldelikten und bei hohem Streitwert war der jeweilige Statthalter zuständig, der dazu regelmäßig verschiedene Städte der Provinz besuchen musst, um Gerichtstage abzuhalten. Geringer Vergehen wurden von lokalen Richtern oder Stadträten geahndet.
Militärische Sicherung
Nicht in allen Provinzen waren notwendigerweise Legionstruppen stationiert. Die Verteilung richtete sich vor allem nach dem Gefahrenpotetial für Aufstände oder Bedrohung von außen. Für Feldzüge wurden Legionen oder Legionsteile aus mehreren Provinzen zusammengezogen.
Oberkommandierender der Truppen war stets der Statthalter, sofern nur eine Legion in der Provinz stand. Waren dagegen mehrere Legionen in einer Provinz stationiert, so wurde diese jeweils von einem eigenen senatorischen Legaten geführt, der vom Kaiser ernannt wurde und dem Provinzstatthalter unterstand. In der Regel standen Legionen in der Provinzhauptstadt und bildeten das Rückgrat des militärischen Konzepts und deutliches Zeichen des römischen Machtanspruchs. Für die Kontrolle von Straßenknotenpunkte konnte kleine Einheiten der Legionen abkommandiert werden. Den Alltagsdienst der Grenzsicherung übernahmen indes Hilftruppen aus den Provinzen. Dies entsprang zum einen dem Gedanken, die Legionen als Elitetruppe nicht auf viele kleine Wachposten in direkter Feindnähe zu verteilen und zum anderen der Erfahrung, dass leichtbewaffnete und gegebenenfalls schnelle berittene Hilfstruppen für die Grenzsicherung deutlich besser geeignet waren als schwere Infanterie. Um die Gefahr von Aufständen und Desertationen der Grenztruppen zu verringern und gleichzeitig eine optimale Zusammensetzung der Einheiten zu gewährleisten, wurden Auxiliareinheiten in der Regel heimatfern eingesetzt. Dies förderte zudem die Romanisierung der eroberten Gebiete, da sich bei einer starken Vermischung der Kulturen viel schneller der gemeinsame römische Einfluss durchsetzen konnte, als dies in geschlossenen, traditionellen, lokalen Stammesverbänden möglich gewesen wäre.