I. Roemercohorte Opladen e.V.

Alpenmarsch 2012

Um persönliche Erfahrung im Umgang mit römischer Ausrüstung in Extremsituationen zu sammeln, haben fünf Mitglieder der I. ROEMERCOHORTE OPLADEN e.V. im Juli/August 2012 einen zweieinhalbwöchigen Marsch durch die Schweizer Alpen absolviert. Ähnlich wie bei einem bereits 1995 durch den Verein durchgeführten Römermarsch führte die insgesamt 201 Kilometer lange Route in 14 Tagesetappen von Haldenstein bei Chur im Südosten der Schweiz bis nach Brugg-Windisch - dem antiken Legionsstandort Vindonissa - in der nördlichen Zentralschweiz. Mit dem Risetenpass (2189 m) und dem Pragelpass (1548 m) lagen zwei Alpenpässe auf der Route der 18- bis 48-jährigen Marschierer, die zu Fuß überwunden wurden. Die Strecke von Brunnen nach Küssnacht wurde dagegen auf dem Vierwaldstättersee per Schiff zurückgelegt. Auf der gesamten Marschdistanz trugen die Mitglieder fast ausnahmslos die überlieferte, etwa 40 bis 45 kg schwere Marschausrüstung aus Bewaffnung, Proviant, Kochgeschirr und persönlichem Gepäck. Der Transport der weiteren Trossausrüstung (Zelt, Mühlstein, Schanzwerkzeug) wurde aus organisatorischen Gründen nicht wie in der Antike mit einem Maultier, sondern einem Begleitfahrzeug durchgeführt.

Die Marschierer beim Start ihres Abenteuers | © I. Roemercohorte Opladen e.V.
Aufstieg auf einem Waldweg | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Dem Marsch ging eine etwa zweijährige Vorbereitung voraus, in der sich die Mitglieder in zahlreichen Probemärschen mit Tagesetappen von 11 bis 16 km Länge körperlich und auch mental auf die zu erwartenden Belastungen einstellten. Da vier der fünf Marschteilnehmer im zivilen Berufsleben Bürotätigkeiten nachgehen, war ein solches Training unumgänglich. Die Trainingsstrecken konnten zwar insbesondere mit Bezug auf die Steigung nicht die Streckenprofile der tatsächlichen Alpenetappen abbilden, erlaubten es aber zumindest, konditionelle Defizite, wunde Punkte und Schwächen der Ausrüstung frühzeitig zu erkennen und dadurch rechtzeitig zu beseitigen. Praktisch jeder Teilnehmer experimentierte in dieser Phase beispielsweise mit dem unter der Rüstung getragenen Schulterpolster sowie den Einstellungen des Schildtragegurtes und konnte dabei letztlich eine Lösung finden, die sich auf dem Marsch als uneingeschränkt tauglich erwies. Ebenso wurde in der Vorbereitungsphase im Rahmen der regulären Vereinsveranstaltungen das Zubereiten des typischen Getreidebreis fleißig geübt, wobei die Zutaten verschiedentlich variiert wurden. Auch das zahlte sich auf dem Marsch aus, indem die abendliche Essenzubereitung routiniert und damit zügig von der Hand ging und das Essen abwechslungsreich und somit keineswegs eintönig gestaltet werden konnte.

Der Schwerpunkt des Marsches lag weniger auf der Gewinnung neuer experimentalwissenschaftlicher Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit römischer Legionäre, sondern auf dem persönlichen Erfahrungsgewinn der Aktiven und der Erprobung der in vielen Fällen eigenhändig hergestellten Ausrüstung unter besonderen Bedingungen. Auf eine exakte Etappenplanung mit vorab festgelegten Zielorten, die sich an der überlieferten Marschleistung römischer Legionäre orientiert, wurde bewusst verzichtet, da trotz der intensiven Vorbereitung kein entsprechender Leistungsstand erreicht werden konnte und auch gar nicht unbedingt sollte. Über die Etappenlänge wurde stattdessen auf der Strecke nach Tagesform entschieden, wobei Marschleistungen von bis zu 20 km auf relativen Flachetappen entlang des Oberrheins oder der Reuss erreicht werden konnten, während einige schwierigere Etappen mit Tagesleistung von unter 10 km gelaufen wurden. Drei Ruhetage nach der dritten, achten und zehnten Etappe ermöglichten zwischenzeitlich auch eine etwas gründlichere Erholung, wobei der dritte Ruhetag für die Schiffspassage auf dem Vierwaldstättersee genutzt wurde. Für alle Marschteilnehmer stellte sich diese Belastungsverteilung als sehr gut erträglich heraus und die körperlichen Beschwerden nahmen zum Teil zum Ende der Tour hin aufgrund der Gewöhnung eher ab als zu. Auch die Ausrüstung zeigte sich den Anforderungen vollständig gewachsen. Allfällige kleinere Reparaturen konnten stets am Abend am Lagerplatz oder spätestens am nächsten Ruhetag durchgeführt werden. Insbesondere die Benagelung der Schuhsohlen erwies sich dabei als bemerkenswert robust, so dass wesentlich weniger Nägel als vorher erwartet während des Marsches ersetzt werden mussten.

Auf der Strecke wurde die Einschätzung, ob ein Streckenabschnitt bequem oder herausfordernd war, von den Aktiven zum Teil sehr unterschiedlich getroffen. Während die einen lange Streckenabschnitte auf festen Wegen und ohne große Höhenunterschiede als angenehm empfanden, fanden andere die gleichförmige Dauerbelastung der Füße äußerst schmerzhaft und hatten nach solchen Etappen vermehrt mit Blasen zu kämpfen. Andersherum wurden anspruchsvollere Bergwege mit schmalen Passagen und viel Auf und Ab von den einen als abwechslungsreich geschätzt, während andere hier mit der Trittsicherheit zu kämpfen hatten und nur langsam und vorsichtig voran kamen. Mit gutem Teamgeist konnten diese individuellen Schwächen aber stets gut ausgeglichen werden, indem sich die Aktiven immer wieder gegenseitig motivieren und unterstützen konnten. Auch das Wetter bot zumindest an manchen Tagen einige Herausforderungen: Während sich Regen dank lederner Kapuzen als weitgehend problemlos erträglich erwies, setzten vor allem Hitzetage den Marschierern zu und bedingten mehr Pausen und einen deutlich höheren Trinkwasserbedarf. Auf vielen Etappen lies sich dieser problemlos durch Brunnen und Quellen stillen, die zumindest so häufig anzutreffen waren, dass die Feldflaschen auf der Strecke aufgefüllt werden konnten. Auf einigen Etappen erwies sich aber auch das Begleitfahrzeug als unverzichtbare Hilfe, das damit neben den Transportaufgaben auch die Rolle eines Kundschafters übernahm, der die marschierende Truppe mit Informationen und manchmal eben auch mit Wasser versorgte.

Strömender Regen auf dem Weg zum Obersiezsäss | © I. Roemercohorte Opladen e.V.
Am Ziel vor den Barracken des Legionslagers Vindonissa | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Ein besonderer Höhepunkt stand ganz am Ende des Marsches an, als die Legionäre den Zielort Vindonissa erreichten und dort von einigen Mitgliedern der schweizerischen zivilrömischen Gruppe Cives Rauraci et Vicanii Vindonissenses empfangen wurden. Nach 17 Nächten im (keineswegs unbequemen) Schild gönnten sich die Marschierer zwei Nächte in den originalgetreu rekonstruierten Mannschaftsunterkünften des Legionärspfades des Museums Aargau, bevor der Alpenmarsch 2012 endgültig beendet war.

Die I. ROEMERCOHORTE OPLADEN e.V. dankt allen Freunden und Unterstützern, die dieses Projekt möglich gemacht haben! Besonderer Dank gebührt Paul Vogt für die tatkräftige und aufopferungsvolle Trossbegleitung, David Schaub für weitere Unterstützung im Tross, Lidia Schaub für buchstäblich tausende Fotos, Rahel Göldi für die Übernachtungsmöglichkeiten am Legionärspfad in Vindonissa sowie allen freundlichen und hilfsbereiten Schweizern, die auf der Strecke spontan einen Platz für ein römisches Legionärszelt bereitgestellt haben!

Zeichnung eines römischen Legionärs aus dem Logo der I. Roemercohorte Opladen e.V.
LEG VI VIC
Lorbeerkranz
COH VI ASTVR