I. Roemercohorte Opladen e.V.

Messen und Wiegen

Die Messsysteme der Antike basierten auch schon weit vor den Römern meist auf natürlichen Maßen, wie etwa der Länge von Körperteilen, und ergaben sich aus deren praktischer Anwendung im Alltag. Viele dieser Messmethoden in "Fuß", "Schritt", "Elle" und ähnlichem haben sich auch weit über die Antike hinaus gehalten und wurden erst durch das metrische System abgelöst. Obwohl man insbesondere auch in der römischen Welt schon bestrebt war, verschiedene Maße auf ein Grundmaß zurückzuführen und reichsweit einheitliche Bezeichnungen und Werte einzuführen, gab es doch sehr viele regionale Unterschiede und damit keine Normierung in unserem heutigen Sinne. Manchmal bestimmte auch die Herkunft und Tradition der Anwender die Art der Messung. So war es üblich, Entfernungen auf dem Meer in griechischen Stadien zu messen, weil die Griechen als Seefahrernation bekannt waren, aber Entfernung auf dem Land in römischen Meilen, weil die Römer praktisch ihr gesamtes Imperium "zu Fuß" erobert hatten. Insbesondere im Fernhandel brachten derartige Unterschiede nicht unerhebliche Probleme mit sich, da viele Maßeinheiten umgerechnet werden mussten und damit die Verlässlichkeit einer Messung abnahm.

Längenmaße

Das römische Längensystem basiert auf dem pes (Fuß) als Grundeinheit, welcher in der römischen Kaiserzeit auf ein Standardmaß von 29,57 cm festgelegt wurde. Es konnten jedoch auch Abweichungen auf bis zu 33,5 cm (der sogenannte pes Drusianus) auftreten, während es im 3 Jh. n. Chr. auch noch den kürzeren Fuß über 29,42 cm gab. In der Längenmessung ergaben 5 pedes einen passus (=Schritt), der mit einer Länge von ca. 1,48 m in der Tat sehr gut der Länge eines menschlichen Doppelschritts entspricht. Eine längere Stecke kann damit sehr viel bequemer abgeschritten werden, als mit unseren heutigen Versuchen von 1-Meter-Schritten. 1000 Schritt ergaben eine römische Meile, 120 Fuß den in der Landvermessung sehr wichtigen actus von 35,48 m. Der Begriff stammt von dem Verb agere (= treiben) und zeigt damit, dass es sich im die Strecke handelte, die ein Bauer seine Ochsen in eine Richtung trieb, bevor er umkehrte. Übliche Messgeräte für die Längenmessung waren Messketten oder -seile unterschiedlicher Länge sowie die decempeda, eine 10 Fuß lange Messlatte.

Für die Unterteilung des Fußes in kleinere Einheiten gab es zwei unterschiedliche Möglichkeiten. Zum einen konnte er, wie jedes römische Grundmaß, im 1/12-Bruchsystem in 12 unciae geteilt werden. Zum anderen gab es analog zum griechischen Messsystem, welches in Achtel teilte, die Unterteilung in 16 digiti (= Finger). Dabei ergaben 4 digiti eine Handbreit (palmus), die damit auch 3 unciae entsprach. Diese Unterteilungen mögen auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Sie haben sich aber dennoch sehr lange über das Ende des römischen Reiches hinaus erhalten und begegnen und noch heute im angelsächsischen bzw. anglo-amerikanischen System zur Messung von Rohrdurchmessern oder Bohrergrößen mit Maßen wie 3/4, 3/8 oder 3/16 Zoll. Selbst die Gepflogenheit, Brüche stets in der gekürzten Form anzugeben, stammt aus dem römischen Reich.

Schematische Darstellung römischer Längenmaße | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Flächenmaße

Schematische Darstellung römischer Flächenmaße | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Die Bemessung von Flächen in der Landwirtschaft oder der allgemeinen Landvermessung basierte auf der Länge eines actus von 35,46 m. Ein Quadrat-Actus (actus quadrati) ergab somit eine Fläche von etwa 0,126 ha. 2 Quadrat-Acti ergaben ein iugerum (= Joch) von ca. 0,252 ha und zwei iugera wiederum 1 heredium von ca. 0,504 ha. In diesem Begriff spiegelt sich auch die rechtliche Bedeutung der Landvergabe, da es sich dem Wortlaut nach um ein "erbbares Landstück" oder schlicht "Erbe" handelt. Es ist also eine Landparzelle, für die in einem Kataster ein Besitzer eingetragen werden kann. 100 dieser Landstücke ergaben eine centuria von etwa 50,4 ha als größte Recheneinheit in der Landvermessung. Sie bestand damit aus 20 x 20 Quadrat-Acti mit einer Gesamtseitenlänge von 709,68 x 709,68 m. In der Praxis kamen aber auch größere oder kleinere centuriae mit Größen zwischen 50 und 400 iugera vor.

Das wichtigste Hilfsmittel für die Messung von Flächen war die groma, mit deren Hilfe im Gelände rechte Winkel eingemessen werden konnten. Sie besteht aus einem rechtwinkligen Kreuz, das auf eine Stange gesteckt wird und an dessen vier Enden Lote hinabhängen. Durch Peilung über jeweils zwei Lote können gerade, sich rechtwinklig kreuzende Linien auch über größere Distanzen eingemessen werden. Römische Landvermesser lernten zwar vermutlich auch, die Flächeninhalte von Trapezen und Kreissegmenten zu berechnen, aber in der Praxis spielten solche unregelmäßigen Flächen vermutlich keine große Rolle.

Hohlmaße

Das Grundmaß für die Berechnung von Hohlmaßen stellt bei Flüssigkeiten die amphora mit einer Größe von 26,2 Litern dar. Dies entspricht ziemlich genau einem Kubikfuß. Die nächstkleinere Einheit war der congius mit 3,275 Litern, was einem Achtel der amphora und damit dem Volumen eines Würfels mit einem halben Fuß Kantenlänge entspricht. Der congius konnte wiederum in sechs sextarii und diese wiederum in vier quartarii geteilt werden. Kleinste Einheit war das cochlearium mit ca. 11,5 ml. Ursprünglich bezeichnete dieser Begriff einen kleinen Löffel, der zum Auslösen von Schnecken aus ihren Häusern benutzt wurde. Als größte Einheit konnten 20 amphorae zu einem culleus von etwa 524 Litern zusammengefasst werden. Bei den Trockenmaßen sah die Einteilung von unten beginnend bis zum sextarius identisch aus. Dann schloss sich jedoch sofort der modius von etwa 8,736 Litern (= 16 sextarii) als abschließendes höchstes Maß an.

Gemessen wurde mit geprüften und entsprechend beschrifteten Gefäßen. Im alltäglichen Handel konnten alle Arten, Formen und Größen von Behältnissen eingesetzt werden, die zum Teil keinem der üblichen Maße entsprachen; in Streitfällen konnte aber wohl jeder Händler auf dem Einsatz von genormten Gefäßen bestehen und diese von der Marktaufsicht prüfen lassen. Am Forum von Pompeji findet man z.B. die sogenannte mensa ponderaria, einen steinernen Tisch mit beschrifteten Vertiefungen unterschiedlicher Größe. Es wird angenommen, dass dieser Tisch zum Prüfen von Messbechern und Wiegegewichten verwendet wurde. Aus Weinverkäufen sind Theken bekannt, in die Trichter eingelassen waren, unter die die Kunden eigene Behälter stellen konnten. Der Händler füllt den Wein aus dem Faß oder der Amphore zunächst in ein geeichtes Meßgefäß und erst dann durch den Trichter in den Behälter des Kunden.

Schematische Darstellung römischer Flüssighohlmaße | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Gewichte

Eine rekonstruierte römische Balkenwaage | © I. Roemercohorte Opladen e.V.

Das römische Gewichtssystem war sehr einfach und kannte im Prinzip nur die libra von etwa 350 g als Grundeinheit. Diese konnte dann, wie die Längenmaße auch, in 12 unciae geteilt werden. Feinere Gliederungen waren über eine weitere Teilung der uncia in semiuncia (= 1/2 uncia), duella (= 1/3 uncia), sicilicus (= 1/4 uncia), sextula (= 1/6 uncia), semisextula (= 1/12 uncia) und schließlich das scripulum von 1/24 uncia möglich. Letzteres entspricht damit etwa 1,2 g.

Gemessen wurde in der Regel mit Balkenwagen. An diesen befanden sich entweder an beiden Seiten eines Balken oder Stabes zwei identische Waagschalen oder an einer Seite ein auf dem mit Markierungen versehenen Balken verschiebbares Gewicht. Mit diesen, von Vitruvius als statera bezeichneten Laufgewichtswaagen konnte man recht schnelle und einigermaßen präzise Messungen durchführen. Allerdings unterschieden sich die Werte von Gewichten regional sehr stark, so dass die Bestimmung eines Gewichtes insbesondere im Fernhandel mehr Verhandlungssache als exakte Messung war. Dagegen verwendeten z.B. Medizinier sehr viel exaktere Waagen, mit denen die Abmessung kleinster Arzneimengen möglich war.

Zeichnung eines römischen Legionärs aus dem Logo der I. Roemercohorte Opladen e.V.
LEG VI VIC
Lorbeerkranz
COH VI ASTVR